Inhalt der Pluto/New Horizons Reihe
In insgesamt 6 Episoden soll auf den Webseiten der Rieser Sternfreunde die Mission der Raumsonde New Horizons zum letzten Planeten unseres Sonnensystems Pluto vorgestellt werden (korrekt ist seit 2006: Zwergplanet, aber Planet hört sich doch noch etwas wertiger an). Zur Übersicht hier die Inhalte der einzelnen Episoden (mit Links zum jeweiligen Bericht):
1) New Horizons – Prolog, Vorgeschichte und Planung
2) New Horizons – Die Technik 1
3) New Horizons – Die Technik 2 (aktueller Bericht)
4) New Horizons – Die wissenschaftlichen Instrumente
5) Das Warten hat ein Ende – Die Reise ans Ende unseres Sonnensystems
6) Aus interplanetar wird interstellar!
New Horizons – Die Technik 2
Antrieb und Lageregelung
Das Antriebssystem der Sonde ist in der Lage Kurs- und Lagekorrekturen in begrenztem Maß durchzuführen (wohlgemerkt Korrekturen, keine Funktion in der Start-/Beschleunigungsphase).
Das Antriebssystem besteht aus 16 Korrektur- und Lageregelungsdüsen (4 größere und 12 kleinere, wovon jeweils die Hälfte als Backup dient), die an 8 Stellen am Sondenkörper verteilt sind. Auf der RTG- und Hauptantennenseite sind verständlicherweise keine Düsen zu finden.
MR-111E Monopropellant Rocket Engine (Hydrazin N2H4), 330g
Die meiste Zeit wird die Sonde durch eine Drehbewegung um ihre Achse stabilisiert (’spinstabilisiert‘) – etwa 5 Umdrehungen pro Minute (auch zur Temperaturregelung). Um diese Stabilisierung während der langen inaktiven Flugphase zu ermöglichen, wurde die Sonde vor dem Start genau vermessen und entsprechende Zusatzgewichte angebracht (ansonsten würde irgendwann eine Taumelbewegung einsetzen). Während der experimentellen Phasen (Jupiter, Pluto) und der langen Funkkontakte mit „Mutter“ Erde wird die Sonde mit Hilfe von zwei redundanten Minimized Inertial Measurement Units (MIMU) der Firma Honeywell (je 3 Kreisel und 3 Beschleunigungsmesser) drei-Achsen-stabilisiert fliegen.
Für das Antriebssystem stehen 77kg Hydrazin als Treibstoff zur Verfügung, das durch die Abwärme der RTG in flüssiger Form gehalten wird. Der Tank fasst eigentlich sogar 90 kg, aber das Startfenster für die Mission begrenzte die maximal mitzuführende Treibstoffmenge.
Startzeitpunkt und daraus resultierende Flugbahn bestimmen die nötige Geschwindigkeit der Sonde bei Verlassen der Erdbahn. Daraus folgt die notwendige Startrakete inklusive Oberstufe mit ihren Leistungsdaten und diese wiederum führen mit der Forderung nach mindestens 400 m/s Geschwindigkeitsänderung während der Mission dazu, dass letztendlich im Jahr 2006 ein Maximalgewicht der Sonde von 445 kg feststand (bis zum eigentlichen Abheben betrug das Gewicht dann allerdings 478,4 kg – gesteigerte Performance der Atlas).
Damit konnten die Missionsplaner 77 kg Treibstoff in den Sondentank füllen. Das waren 17 kg mehr als nötig und 8 kg mehr als das Team sich erhoffte. Diese 77 kg waren folgendermaßen eingeplant:
– Kurskorrekturen (110 m/s): 22 kg
– Lageänderungen: 29 kg
– geplante Reserven (91 m/s): 17 kg
– ungeplante Reserven (41 m/s): 7kg
(eine Rotationsänderung um 5 U/min verbraucht etwa 0,125 kg)
Für den Aufbau des entsprechenden Drucks auf das Hydrazin wird, wie schon seit Jahrzehnten in der Raumfahrttechnik, Helium verwendet.
Navigation
Für die Bodenkontrolle, wie auch für das autonome Navigieren benötigt die Sonde Informationen über Position, Kurs und räumliche Ausrichtung. Diese Informationen liefern entsprechende Sensoren an Bord (beispielsweise die MIMU, die bis zu 100-mal pro Sekunde abgefragt werden), wie auch Sonnensensoren und Sternkameras (Star Trackers). Die Sonnensensoren dienen als Backup, um die Sonde im Notfall auf die Sonne ausrichten zu können und damit, da die Erde aus großer Entfernung Direkt „neben“ der Sonne zu stehen scheint, eine Kommunikation mit der Erde zu ermöglichen.
Die Star Trackers fotografieren bis zu 10 mal pro Sekunde mit einer Weitwinkelkamera den Sternhintergrund und vergleichen diesen mit einem Referenzkatalog aus 3000 Sternen.
Diese technischen Feinheiten ermöglichen im spinstabilisierten Modus eine Ausrichtungsgenauigkeit von 0,00194 Grad und im drei-Achsen-stabilisierten Modus 0,00137 Grad.
Temperaturkontrolle
Am Rand unseres Sonnensystems ist es kalt. Richtig kalt! Saukalt!!!
Wir sprechen hier von Temperaturen im Bereich von minus 230 Grad Celsius auf der Oberfläche, in den oberen Atmosphärenschichten liegen die Temperaturen bei etwa minus 170 Grad Celsius. Die Temperatur des leeren (Welt-) Raums beträgt minus 270 Grad Celsius!
Egal welchen Wert man nun für den Vorbeiflug annimmt, die Raumsonde muß mit sehr tiefen Temperaturen zu Recht kommen, denn unsere Sonne „heizt“ in dieser Entfernung kaum noch. Wie kann man nun die empfindliche Elektronik und Mechanik betriebsbereit halten – ja sogar dann am Laufen halten, wenn die Sonde mehrere Monate fast ausgeschaltet ist?
Es ist eigentlich ganz einfach: New Horizons muß seine Wärme selbst erzeugen! Dazu steht die Radionuklidbatterie (siehe oben) zur Verfügung, die die elektronischen Geräte mit Energie versorgt. Die bei diesen entstehende Abwärme wird im System gehalten, so dass in der Sonde Temperaturen von 10 Grad bis 30 Grad gehalten werden können. Unterstützt wird dies durch eine Isolierung bestehend aus einer golddurchzogenen Folie und 18 Lagen Kunstfaser (sog. Dacron).
New Horizons eingepackt in Goldfolie, links der RTG
Wird zu wenig (Ab-) Wärme erzeugt (Leistung unter 150 Watt), stehen Heizelemente zur Verfügung, die direkt von der Radionuklidbatterie gespeist werden.
Schon gewusst … ?
zum Ersten!
WIR sind auch dabei!
New Horizons hat einige Erdbewohner „dabei“ – also zumindest deren Namen. Eine CD mit 434.738 Namen von Erdlingen, die sich auf der New Horizons Website registriert haben ist an der Sonde angebracht und fliegt mit in die Weiten des Universums
Send your Name to Pluto – die CD mit den über 400.000 Namen wird angebracht
zum Zweiten!
New Horizons hat ein wakeup-image!
Bis Anfang Dezember konnten die Besucher der offiziellen New Horizons Website eines von zwei wakeup-Images wählen, das dann am Nikolaustag diesen Jahren das offizielle Aufwachbild für die Raumsonde wurde. An diesem Tag wurde die Sonde nämlich zum allerletzten Mal aus ihrem Hibernation-Mode aufgeweckt um für die bevorstehenden Ereignisse vorbereitet zu werden.
Frohes neues Jahr!!!
Es ist der 3. Januar 2015 – bis zum Encounter es sind noch 193 Tage!
Bleiben Sie dran 🙂 !
Quellen (es ist klar, dass die Bilder und Daten nicht aus meinem Fundus kommen, sondern aus verschiedensten Quellen der Literatur und des Internets stammen – daher hier und auf jeder Seite einfach eine vollständige Liste der Informations- und Bildquellen):
- http://de.wikipedia.org/wiki/New_Horizons (die Universalquelle)
- http://www.bernd-leitenberger.de/new-horizons1.shtml (die meiner Ansicht nach beste und fundierteste deutsche Informationsquelle)
- http://www.dmuller.net/spaceflight/realtime.php?mission=newhorizons&mode=scet (New Horizons Real-Time Simulation)
- http://pluto.jhuapl.edu/index.php (offizielle New Horizons Website)
- http://space.jpl.nasa.gov/ (Solar System Simulator – zur Darstellung der Planeten/New Horizons Positionen)
- http://plutoids.eu/index.php?page=281 (Deutsche Webseite zu New Horizons)
- http://www.boulder.swri.edu/pkb/ssr (offizielle Instrumenten- und Missionsbeschreibungen im pdf-Format)
- Kosmos Himmelsjahr 2015, Hans-Ulrich Keller, Kosmos Verlag
zusätzliche Bildquellen dieser Seite
- http://www.rocket.com/propulsion-systems/monopropellant-rockets
- http://www.rocket.com/files/aerojet/documents/Capabilities/PDFs/Monopropellant%20Data%20Sheets.pdf
- http://www51.honeywell.com/aero/common/documents/myaerospacecatalog-documents/Miniature_Inertial_MeasurementUnit.pdf
- http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:New_Horizons_1.jpg
- http://pluto.jhuapl.edu/index.php
- http://www.alexharrisonparker.com/plutopoll/#Poll
- http://space.jpl.nasa.gov/