Sie ist wohl die außergewöhnlichste Goldene Schallplatte die jemals produziert wurde. Neben einem Stück von Bach , Mozart und Beethoven sind auch die Rolling Stones in Sachen Rockmusik und Folklore Fugen dabei. Dann quaken Frösche , rauscht ein Zug vorbei , der Gesang eines Buckelwals ertönt und das schreien eines Neugeborenen erschallt. Wind und Wassergeräusche fehlen auch nicht.
Ein freundliches „Herzliche Grüße an alle“ – in über 50 Sprachen befindet sich auch auf dem Tonträger.
Wie bei Goldenen Schallplatten üblich, besteht die Auflage aus nur wenigen Exemplaren: nämlich genau zwei. Doch ob die jemals erklingen werden , steht buchstäblich in den Sternen. Denn die Platten mit dem „Sound of Earth“ befinden sich an Bord der Raumsonden „Voyager“(Reisender) 1 und 2 und sollen einer möglicherweise existierenden außerirdischen Intelligenz mit 27 Musikstücken, 35 Geräuschen und 115 Bildern einen Eindruck vom irdischen Dasein vermitteln.
Die Reise beginnt im Sommer 1977 am Weltraumbahnhof in Cap Canaveral in Florida. Gebaut wurden sie im Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena. Damals starteten die Voyager Zwillingssonden zu einer zuvor nicht zu realisierenden Mission: Sie sollten–ausgerüstet mit Nuklearbatterien– als erste Flugkörper mehrere Planeten erkunden , dann in die äußeren Bereiche des Sonnensystems vorstoßen und es schließlich ganz verlassen. Sozusagen als „Flaschenpost“ in den kosmischen Ozean hineingeworfen.
Zunächst hebt am 20. August 1977 Voyager 2 ab, 16 Tage später folgt Voyager 1. Da sie eine kürzere Flugbahn zum Jupiter nimmt–dem ersten Ziel der Reise–, ist Nr.1 vier Monate früher dort als ihre Schwestersonde. 1980 verlässt Voyager 1 nach Erkundungsflügen zu Jupiter und Saturn sowie deren Monde Io und Titan die Planetenebene (Ekliptik). Voyager 2 dagegen fliegt zunächst noch zu Uranus (1986) und Neptun (1989) weiter. Am 17.Februar 1998 schließlich lässt Voyager 1 den bis dahin fernsten irdischen Botschafter hinter sich: die Raumsonde „Pioneer10“. Damit ist die Sonde das am weitesten von der Erde entfernte von Menschenhand gebaute Objekt.
Momentan ist Voyager 1 fast 20 Milliarden Kilometer von uns entfernt. Sie hat eine Geschwindigkeit von 17 Kilometer pro Sekunde drauf. Auf der Erde würde sie in nur fünfeinhalb Minuten von London nach New York fliegen!
Modell der Raumsonde Voyager. Die 3,7 Meter große Parabolantenne ist das markannte Bauteil der Sonde. Am mehreckigen Sondenkörper sieht man schön die Goldene Schallplatte. Foto: Uwe Bahadir
Das diese Reise in den Tiefen des Sonnensystems überhaupt möglich wurde, verdankt die NASA einem Forscher namens Gary Flandro. 1965 studiert er am „Caltech“ in Pasadena und soll für das dort ansässige JPL –eine der Ideenschmieden der NASA– mögliche Flugbahnen für eine Reise zu den vier äußeren Planeten berechnen.Dabei fällt Flandro auf, dass Ende der 1970er Jahre , Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun in einer Konstellation stehen werden, die nur etwa alle 175 Jahre auftritt und die es erlaubt, die Ziele in vergleichsweise kurzer Zeit mit kleinstmöglichem Energieaufwand „abzufliegen“. Statt 30 Jahre Flugzeit zum Neptun benötigte man nur 12 Jahre. Dank der günstigen Stellung von Jupiter und Saturn lässt sich die „Gravity-Assist“-Technik nutzen. Dabei wird ein Raumschiff von einem Planeten durch dessen Schwerkraft angezogen und dabei so stark beschleunigt zum nächsten Planeten weggeschleudert.
Um mit den weit entfernten Raumsonden noch kommunizieren zu können, nutzen die Forscher drei riesige Sende -und Empfangsantennenkomplexe in Spanien, Australien und Kalifornien. Sie bilden das Deep Space Network (DSN) , die Funkverbindung ins All. Da sie rund um den Globus verteilt sind, können sie Signale 24 Stunden am Tag empfangen. Die größeren Antennen haben einen Durchmesser von 70 Metern, eine Sendeleistung von 500 Kilowatt und sind wie alle DSN-Empfänger hochsensibel: Sie können Voyager-Signale von nur einem zehnbilliardstel Watt registrieren. Die Energie einer Schneeflocke, die zu Boden sinkt!! Nicht zu vergessen ist auch natürlich die 3,7 Meter große Parabolantenne an Bord der Voyager-Sonde, die die Kommunikation erst möglich macht.
Bis zum Abschluss der Neptun-Passage funkten die Sonden fast 80 000 Bilder und rund fünf Billionen Bits wissenschaftliche Daten zur Erde. Seit gut 25 Jahren sind die Telekameras und die Geräte, die viel Strom verbrauchen abgeschalten. Nur ein paar wenige wichtige Instrumente funktionieren noch um uns bis zum Jahre 2030 wissenschaftliche Messdaten aus dem mittlerweile interstellaren Raum zu senden. Dann werden die Nuklearbatterien keinen Strom mehr liefern und die Raumkapseln werden für immer verstummen. Die Sonden haben samt der Goldenen Schallplatten eine Lebensdauer von einer Milliarde Jahren. Für den Fall, dass es dann in der Galaxis niemanden mehr gibt, der einer außerirdischen Intelligenz erklären könnte, was man mit einer Schallplatte anfängt, liegt der Sendung eine Bauanleitung bei. Für einen Plattenspieler…